In Apotheken kann man checken lassen, ob online gekaufte Medikamente Originale oder eine Fälschung sind. Die speziellen Anforderungen an Mitarbeiter in der Pharmaindustrie. Der Pharma Marketing Club Austria, PMCA hilft Neu- und Quereinsteigern dabei, rasch die Sprache und Spielregeln der pharmazeutischen Industrie zu verstehen und zielt darauf ab, das Know how in der Pharmaindustrie zu heben. Interview mit Ines Windis MBA.
Das Interview führt Gisela Zechner
life-science:Sie sind nun in der zweiten Periode Präsidentin des PMCA Pharma Marketing Club Austria. Welche Ziele verfolgen Sie im PMCA?
I. Windisch: Unser Ziel muss es sein, das Know how in der Pharmaindustrie, in den Dienstleistungsbereichen zu heben, d.h. jeder muss wissen, abgesehen von den eigenen Produkten, was rundherum geschieht. Was ist den Patienten wichtig? Was ändert sich durch die Gesundheitsreform? Gibt es neue Rahmenbedingungen? Wir wollen den Blick über den Tellerrand hinaus auf Trends, auf andere Branchen lenken und neue Impulse setzen.
Wir haben auch sehr viele Quereinsteiger, die wir durch unser neues Mentoring-Projekt mit den speziellen und eigenen Gegebenheiten dieser Branche vertraut machen wollen. Wir setzen beim PMCA viel auf persönliche Kontakte, auf persönliche Netzwerke, vielschichtige Themen zu diskutieren, Impulse zu setzen und neue Ideen aufzugreifen.
Ich bin der Meinung, dass wir sehr kreative Marketing-Leute haben, die das Produkt Gesundheit oder Krankheit vertreiben und vermarkten. Ihnen möchte ich das Gefühl geben, dass sie ganz tolle Leistungen erbringen. Dazu organisieren wir jährlich das Event „Das goldene Skalpell“ und zeichnen hervorragende kreative Leistungen aus. Ich finde es persönlich sehr schade, dass über Pharmamarketing meist nur negativ berichtet wird.
life-science:Welche Leistungen kommen in den Medien zu kurz?
Unsere Unternehmen betreiben sehr viel CSR (Corporate Social Responsibility Anm.). Wir leisten sehr viel für unsere Mitarbeiter und unterstützen mit vielzähligen Projekten unsere Kunden. Ich bin der Meinung, dass hier die Pharmaindustrie eine sehr weit entwickelte Branche ist.
life-science:Welche Skills sind Ihrer Meinung nach die Schlüsselqualifikationen von morgen?
I. Windisch: Im Gegensatz zu früher geht es heute darum, zu verstehen, was der Kunde braucht und welche Lösung ich ihm bieten kann. Heutzutage kommen neben dem Arzt und dem Apotheker viele weitere Stakeholder dazu, mit denen ein Pharmaunternehmen kommuniziert. Dazu braucht man Mitarbeiter, die anders „ticken“ als früher. Wir suchen eigenverantwortliche Mitarbeiter, flexible Mitarbeiter, Teamplayer; diese Soft Skills treten immer mehr in den Vordergrund. Fachliches Know-how kann man beibringen, die Persönlichkeit muss jeder selbst mitbringen. Eigenverantwortung ist für uns ein wichtiges Thema.
life-science:Was ist das Besondere am Marketing in der Pharmaindustrie?
I. Windisch: Marketing ist sehr breit gefächert. Bei Sanofi beschränkt sich das nicht nur auf die Position des Produktmanagers, der sein Inserat schaltet, sondern hier gehören auch alle anderen Bereiche wie die Medizin, die wissenschaftliche Informationen aufbereitet, sowie die gesamte Vertriebsstruktur dazu. Hier gehören auch Experten von Market Access dazu, die mit den Rahmenbedingungen hier in Österreich konfrontiert sind.
life-science:Wie sehen Sie die Problematik der Arzneimittelfälschungen in dubiosen online-shops?
I. Windisch: Wir arbeiten ständig daran, die Verpackungen unserer Produkte noch sicherer zu machen und die Distributionskette zu überprüfen. Im Zentrum steht aber die Aufklärung der Patienten, um hier zu erkennen, dass es sich wirklich um ein sicheres Originalprodukt eines bestimmten Herstellers handelt.
life-science:Worin liegen die Risiken beim online Einkauf?
I. Windisch: Ich muss vorausschicken, Österreich ist hier schon noch ein Paradies. Arzt und Apotheker haben einen speziellen Status und man holt sich als Kunde oder Patient traditionellerweise die Medikamente in der Apotheke. Aber vor allem junge Leute kaufen alles Mögliche im Internet; hier sind Aufklärung und Information angesagt.
Die Präparate können sowohl gesundheitsschädigend sein oder sogar zum Tod führen, da massive Nebenwirkungen auftraten oder gar keine Wirkstoffe darin enthalten waren. Man weiß einfach nicht, was drinnen ist, wenn man es auf irgendeiner Web-Site online bestellt. Wie kommt es an, ist es gekühlt, wo war es schon, ….?
life-science:Welche Sicherheitsvorkehrungen gibt es heute schon?
I. Windisch: Die Packungen sind heute alle schon so gekennzeichnet, dass sie in der Apotheke dem Hersteller zugeordnet werden können. Man kann in der Apotheke überprüfen lassen, ob ein online erworbenes Medikament echt ist.
In Deutschland gibt es bereits gesicherte Versandstellen; hier wird sichergestellt, dass die Produkte wirklich vom angegebenen Hersteller sind, der Distributionsweg gesichert ist und die Kühlkette nicht unterbrochen wird.
life-science:Wechseln wir noch kurz in die Gesundheitspolitik. Die Gesundheitsreform wurde 2013 intensiv diskutiert. Wie zufrieden sind Sie mit den Ergebnissen?
I. Windisch: Es wäre wünschenswert, wenn wir in gewissen Dingen, bei denen wir die Expertise haben, diese auch einbringen könnten. Den Ausbau von Primary Care und des Hausarztes als Gesundheitsbegleiter, sehe ich als einen guten Weg.
life-science:Man hat sich auf Rahmengesundheitsziele geeinigt, die im Endeffekt den Österreichern und Österreicherinnen ein längeres Leben in Gesundheit ermöglichen sollen.
I. Windisch: Faszinierend finde ich an dieser Reform, dass diesmal die Partner gemeinsam an einem Tisch sitzen und sich nicht bekriegen, sondern miteinander ein Ziel verfolgen. Über den Weg führt dann der eine oder andere Streit, aber das Ziel ist ein gemeinsames. Das war früher nicht so: der Dialog und die Diskussion stehen heute im Vordergrund. Das ist eine schöne Entwicklung.
life-science:Wie sehen Sie die Zukunft in der Pharmaindustrie?
I. Windisch: Ich glaube, wir waren in den vergangenen Jahren als Industrie sehr eigenbrötlerisch und haben uns stark mit uns selbst beschäftigt. Das bricht jetzt auf. Der Trend geht nun von Krankheit hin in Richtung Gesundheit. Auch wir als Pharmaindustrie beschäftigen uns nicht nur mit Krankheit, sondern auch mit „was kann ich tun, um gesund zu bleiben bzw. um gesünder zu werden“?
Vielen Dank für das Gespräch
DI Gisela Zechner, life-science Karriere Services
Ines Windisch, in zweiter Periode Präsidentin des Pharma Marketing Clubs Austria; seit 18 Jahren in der Pharmaindustrie, seit 13 bei Sanofi. In ihrer derzeitigen Funktioni st Frau Windisch Teil des 13-köpfigen Managementteams der Region Deutschland-Schweiz-Österreich und verantwortet die Vertriebskommunikation. Zusätzlich leitet sie die Abteilungsbereiche Unternehmenskommunikation, Public Affairs & Market Access in der österreichischen Filiale mit Sitz in Wien.
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- Veröffentlicht: 14. Februar 2014