Ines Windisch MBA sieht die Pharmaindustrie besser als ihr Ruf und will das Know-how der Industrie an Patienten, Ärzte und Apotheker weitergeben. Der Trend zum Dialog, wie auch der „Gesundheitstrend“ setzen sich immer mehr durch und Arzneimittelfälschungen in dubiosen online-shops sind eine Herausforderung. Foto (c) sanofi
Interview Teil I
life-science:Die Pharmaindustrie bietet NaturwissenschafterInnen sehr attraktive Karrieremöglichkeiten. Sie heftet sich selbst auf die Fahnen Leben zu retten und die Lebensqualität der Menschen zu verbessern, dennoch leidet diese Branche massiv in ihrem Image. Warum?
I. Windisch: Den Unternehmen ist es früher sehr gut gegangen, man hat sich auf den Verkauf der Produkte fokussiert aber nicht unbedingt auf den Dialog miteinander sowie die vielfältigen Leistungen die die Unternehmen für die PatientInnen erbringen.
life-science:Sehen Sie es daher als ein reines Kommunikationsproblem?
I. Windisch: Hier spielen sicher mehrere Faktoren zusammen; zum Einen muss man das Thema Gesundheit sensibel behandeln, da es alle Menschen betrifft. Zum Anderen muss man die wirtschaftliche Sicht der Pharmaindustrie berücksichtigen: wir dürfen und müssen verdienen, da wir wieder rückinvestieren in das gleiche Thema, nämlich in die Gesundheit. Dazu benötigen wir eine funktionierende und vor allem finanzierbare Forschung.
Es ist heute der Trend zum Dialog da. Die Leute sind mündiger, kennen sich besser aus und können mitdiskutieren. Plattformen wie Social Media hatte man früher nicht.
life-science:Wo würden Sie in der Kommunikation ansetzen?
I. Windisch: Auf der einen Seite bei der Kommunikation mit den Patienten und auf der anderen Seite mit der Gesundheitspolitik.
Beispiel Patient: In einer Ambulanz geht es hektisch zu, die Zeit für Gespräche zwischen dem Fachpersonal und dem Patienten ist kurz. Auch im niedergelassenen Bereich ist die Gesprächsdauer sicher oft zu kurz, da hier die Honorare noch immer nach Quantität und nicht nach Qualität ausgeschüttet werden.
life-science:Möchten Sie als Pharmaindustrie direkt zum Patienten gehen, da der Arzt dafür keine Zeit hat?
I. Windisch: Das ist für mich ein anderes Kapitel, da sind wir ganz tief im Bereich „information to patients“, wo wir noch immer in ganz Europa die Schwierigkeit haben, dass die Begriffe Werbung und Information nicht ausreichend definiert sind.
Als Pharmaunternehmen dürfen wir nicht direkt mit dem Patienten kommunizieren; Dabei haben wir intern sehr viel medizinisches Wissen, denn wir begleiten unsere Produkte vor Markteintritt bereits jahrelang in der Forschung. Ich verstehe das Werbeverbot der Industrie für rezeptpflichtige Produkte, aber ich sehe es als unsere Pflicht, über unsere Produkte entsprechend zu informieren.
life-science:Wie unterscheiden Sie Werbung von Information?
I. Windisch: Alles was mit bunten Bildern und Werbeslogans untermalt ist und die Vorteile hervorhebt, sehe ich als Werbung - im Gegensatz zur Information, die über eine Krankheit, eine Therapie, Symptome oder Früherkennung sachlich informiert.
Die Pharmaunternehmen haben die Information. Wir sind gerne bereit diese von einer unabhängigen Stelle überprüfen zu lassen, damit Patienten Zugang zu qualitativ hochwertiger Information bekommen.
Ich bin nicht für grenzenlose Freiheit in der Information durch die Pharmaindustrie, aber wenn man sich auf Rahmenbedingungen einigt, könnten alle davon profitieren.
Es geht uns dabei um Information und Awareness rund um die Krankheit, rund um Symptome, Früherkennung, Diagnose, mögliche Therapien. Das hat nichts mit Werbung zu tun, sondern geht vielmehr in die Richtung der Prävention.
life-science:Ist es nicht kontraproduktiv für die Pharmaindustrie, wenn die Menschen gesünder sind?
I. Windisch: Die Pharmaindustrie hat sich in den vergangenen Jahren stark weiterentwickelt. Wir verkaufen nicht nur Medikamente. Wir sehen uns als Partner beim Thema Gesundheit und bieten vermehrt Services zum Management der Erkrankung oder zur Prävention an.
life-science:Partner von wem?
I. Windisch: Wir sind zum Partner des Patienten aber auch der Gesundheitspolitik geworden. Neben Produkten haben wir in der Pharmaindustrie auch Screeenings oder Service-Leistungen, die weiter gehen als nur das reine Anbieten medikamentöser Therapien.
Die Pharmaindustrie hat ihr Portfolio erweitert. Heute gibt es z..B Services, bei denen man mit modernen Hilfsmitteln wie einem Smart Phone, lernt, die eigene Krankheit besser zu managen. Hier steht vor allem die Compliance der Patienten im Fokus und nicht das Medikament.
life-science:Welche Rolle nehmen online Plattformen ein?
I. Windisch: Für uns sind online Plattformen oder social media einer von vielen Kanälen für eine zielgruppenspezifische Information. Dazu muss man natürlich die Zielgruppe sehr gut kennen, um zu wissen, wer welchen Kanal nutzt.
life-science:Wie kann der Internet-User beurteilen, ob die dargebotene Information qualifiziert ist?
I. Windisch: Wir haben schon öfter diskutiert, Web-Seiten einer Qualitätsprüfung zu unterziehen und Gütesiegel einzuführen. Damit hätte der Patient die Sicherheit, dass die Information passt. Ich denke, dass man auch umdenken muss; Qualitative Information muss nicht nur vom Gesundheitsministerium oder dem Verein für Konsumenteninformation veröffentlicht werden, auch hier muss es ein Miteinander geben. Schön wäre es, wenn wir hier einen Konsens über Rahmenbedingungen finden würden, innerhalb derer man sich bewegen kann.
life-science:Welche Schwierigkeiten gibt es derzeit noch, wenn man sich Informationen im Internet holt?
I. Windisch: Auf Seiten, die aus dem Ausland kommen, sind Produkte gelistet, die zum Teil in der EU nicht zugelassen sind, die Indikationen, Dosierungsempfehlungen und Darreichungsformen stimmen nicht überein. Ein weiteres wichtiges Thema betrifft die Arzneimittelfälschungen in Internetshops.
Teil II des Interviews über den PMCA Pharma Marketing Club
sowie Arzneimittelfälschungen folgt am 14. Februar 2014
Das Interview führte Gisela Zechner
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- Veröffentlicht: 07. Februar 2014