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Wir sind ab nun regelmäßig im CHEMIE REPORT mit einer ÖGMBT-Kolumne mit den neuesten Entwicklungen aus der österreichischen Life Science Szene vertreten. Wenn Sie einen interessanten Beitrag dazu leisten wollen, richten Sie Ihre Anfrage bitte an die Geschäftsstelle!

 

 

Beeindruckende Leistungen

on 25 November, 2021

Im Rahmen ihrer Jahrestagung vergab die Österreichische Gesellschaft für Molekulare Biowissenschaften und Biotechnologie auch heuer wieder ihre Wissenschaftspreise. Und einmal mehr zeigte sich die umfassende Kompetenz und Innovationskraft der jungen Forscher.

 

Die Jahrestagung der Österreichi-schen Gesellschaft für Molekulare Biowissenschaften und Biotechnologie (ÖGMBT) war auch heuer wie-der ein voller Erfolg. Als einer der Hö-hepunkte der Tagung erwies sich erneut die Verleihung der „Life Science Awards Austria“, die die ÖGMBT seit nunmehr zehn Jahren vergibt. Von Beginn an wurden mit diesen Preisen herausragende Leistungen in der Grundlagenforschung ebenso wie in der angewandten Forschung ausgezeichnet. Mittlerweile werden die Awards in fünf Kategorien vergeben. Sie ergehen als Forschungspreise für Grundlagen- sowie für Angewandte Forschung, als Dissertationspreise für Grundlagen- und Angewandte Forschung und seit 2018 schließlich auch in Form eines Sonderpreises für wissenschaft-lich herausragende Forschung mit gesellschaftlicher Relevanz. Die Gewinner der Forschungspreise erhalten jeweils 3.000 Euro, jene der Dissertationspreise je 1.000 Euro. Über die Vergabe entscheidet eine hochrangig besetzte Jury von Wissenschaftlern aus Österreich und dem Ausland. Berücksichtigt werden dabei unter anderem die allgemeine wissen-schaftliche Qualität der jeweiligen Arbeit sowie die mögliche gesellschaftliche Bedeutung der Forschungsergebnisse. Auch in diesem Jahr zeigten sich die Mitglieder der Jury beeindruckt von der hohen Qua-lität der eingereichten Beiträge.

 

Komplex entschlüsselt
Der „Life Science Research Award“ in der Kategorie „Grundlagenforschung“ ging heuer an Domen Kampjut vom Institute of Science and Technology (IST Austria). Er veröffentlichte in der Fachzeitschrift „Science“ einen Artikel über die dreidimensionale Struktur des sogenannten „Komplex I“. Kampjut beschreibt darin die Funktion des Komplexes mithilfe eines hochauflösenden elektronenmikroskopischen Verfahrens, der Cryo-Elektronenmikroskopie, die er im Detail geklärt hatte. Der Komplex besteht aus 45 Proteinketten und ist damit, molekularbiologisch gesehen, riesig. Der Jury zufolge verbessern die Erkenntnisse Kampjuts das „Verständnis für einen grundlegenden biologischen Prozess, der für das Leben eine entscheidende Rolle spielt“. Kampjut promovierte 2020 am IST. Zurzeit arbeitet er als EMBO-Postdoc am MRC Laboratory of Mole-cular Biology und ist Junior Research Fellow am Christ ̓s College in Cambridge (UK).


Benjamin Salzer vom St.-Anna-Spital für Kinderkrebsforschung (CCRI) wiederum wurde bereits zum zweiten Mal in Folge mit einem „Life Science Award“ ausgezeichnet – heuer mit dem Forschungspreis in der Kategorie „Angewandte Forschung“. Er beschrieb in einer Arbeit in der Wissenschafts-zeitschrift „Nature Communications“ die Entwicklung von AN-Schaltern sowie UND-Verknüpfungen, um die biologische Aktivität von Immunzellen (CAR-T-Zellen) gezielt kontrollieren zu können. Solche Zellen kön-nen an Krebszellen andocken und diese töten. Bisher wurden Therapien auf der Basis von CAR-T-Zellen nur bei bestimmten Blut-krebsarten eingesetzt. Mit den von Salzer und seinen Kollegen entwickelten Metho-den könnte künftig auch die Behandlung anderer Arten von Krebserkrankungen möglich werden. Salzer absolvierte das Stu-dium der Medizinischen Biotechnologie an der Universität für Bodenkultur (BOKU) in Wien. Zurzeitrforscht er am Christian-Doppler-Labor für die Entwicklung neuer CAR-T-Technologien, das am CCRI angesiedelt ist.

 

Organ „on-a-Chip“
Den Dissertationspreis „Life Science PhD Award Austria 2021“ in der Kategorie „Grundlagenforschung“ erhielt Stefan Terlecki-Zaniewicz von der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Terlecki-Zaniewicz absolvierte das Studium der Molekularen Biotechnologie in Wien. In seiner Dissertation zeigte er, dass NUP98-Onkoproteine biomolekulare Kondensate bilden und dass diese Kondensation ein wesentlicher Mechanismus für die Induktion von leukämiespezifischen Genen ist. Das ist insofern von Bedeutung, weil NUP98-fusionsbedingte Leukämien sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen bis dato kaum heilbar sind. Nicht zuletzt deshalb befasste sich Terlecki-Zaniewicz in seiner Dissertation auch mit der Frage möglicher Anwendungen seiner Erkenntnisse in der klinischen Praxis. Zurzeit arbeitet der Wissenschaftler im Labor von Eleni Tomazou am CRRI. Dort beschäftigt er sich mit Onkoproteinen, die bei Kindern und Erwachsenen Krebs auslösen können. Barbara Bachmann vom Institut für Angewandte Synthetische Chemie der Technischen Universität Wien wiederum erhielt den Dissertationspreis in der Kategorie „Angewandte Forschung“. Im Zuge ihres Doktoratsstudiums erforschte Bachmann, wie sich mittels der Organ-on-a-Chip-Technologie standardisierte Ersatzgewebe oder Gewebsmodelle züchten lassen. Insbesondere ging es ihr um Modelle zur Darstellung der Blut-Lymph-Barriere sowie um Hydrogele zur Optimierung der Gelenksknorpelregenerierung. Die Jury würdigte nicht zuletzt das „ausgewiesene Verwertungspotenzial“ der Arbeiten Bachmanns. Auf deren Arbeiten basieren mittlerweile mehrere Patente sowie eine Firmengründung. Während ihres Doktoratsstudiums veröffentlichte die Forscherin zwölf wissenschaftlich begutachtete Arbeiten, darunter fünf Artikel als Erstautorin in international anerkannten Fachzeitschriften.

 

Gesellschaftlich wichtig
Der 2021 zum vierten Mal vergebene Sonderpreis für wissenschaftlich herausragende Forschung mit gesellschaftlicher Relevanz ging an Charlotte Zajc, die an der BOKU und am CCRI tätig ist. Ihr nunmehr preisgekrönter Artikel erschien in der Wissenschaftszeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences of the Uni-ted States of America“. Zajc beschreibt darin ein neues Verfahren zur Verbesserung von CAR-T-Zelltherapien, die sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen immer öfter eingesetzt werden, um Blutkrebs zu behandeln. Wie die Jury erläuterte, haben zurzeit verfügbare CAR-T-Therapien unter anderem folgenden Nachteil: Es ist nicht möglich, die Aktivität der CAR-T-Zellen nach deren Verabreichung an einen Patienten zu kontrollieren. Zajc und ihre Kollegen entwickelten nun ein molekulares System, um die Aktivität der Zellen mithilfe eines oral verabreichten Medikaments zu steu-ern. Dieses Verfahren könnte es in Zukunft erlauben, auch Glioblastome sowie andere Formen von Gehirngeschwüren mit CAR-T-Zellen einzudämmen.


Voller Erfolg
Erfreut von dem Erfolg der heurigen Jahrestagung zeigte sich ÖGMBT-Präsident Lukas Huber. Er dankte dem Organisationskomitee um Hesso Farhan von der Medizinischen Universität Innsbruck, den Sponsoren und dem Team der ÖGMBT für die professionelle und reibungslose Durchführung der „wundervollen Veranstaltung“. Einmal mehr sei es gelungen, den notwendigen wissenschaftlichen Dialog aufrechtzuerhalten und insbesondere den jungen Mitgliedern die Möglichkeit zu bieten, die Ergebnisse ihrer Forschungstätigkeit einem hochrangigen internationalen Fachpublikum zu präsentieren.

 

 

Published in ChemieReport 07/2021