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e-science:Kann man Ihnen hier nicht unterstellen, Sie investieren damit lediglich in Ihre eigenen Absatzkanäle bzw. möchten Energiekosten senken?
Dr. R. Pichler: ich bezeichne dies vielmehr als eine Win – Win Situation für alle und als ein Beispiel dafür, dass CSR, wenn es in unternehmerische Kernprozesse integriert wurde, den wirtschaftlichen Zielen nicht widerspricht.
Diese Länder verfügen nicht über dieselbe Infrastruktur im Gesundheitsbereich, wie wir es von Europa her kennen. Es gibt Regionen, da muss ich zuerst mehrere Stunden zu Fuß gehen, bis ich an eine Stelle komme, an der eine Impfung appliziert wird oder es ein Medikament gibt. Ich habe dort nicht alle Fachärzte ums Eck. Foto: (c) pichler, GSK
Wenn Unternehmungen aus der pharmazeutischen Industrie sich dazu entschließen, ihre Preispolitik den ökonomischen Möglichkeiten eines Landes anzupassen, dann führt das noch lange nicht dazu, dass die Menschen, die die Arzneimittel brauchen, diese auch wirklich bekommen können. Deshalb muss man auch in Gesundheitseinrichtungen investieren. Das ist ein sehr gutes Beispiel um die Integration in die Kernprozesse aufzuzeigen. Es geht um eine langfristige, nachhaltige Entwicklung des Unternehmens und auch des Landes zum Wohl der Bevölkerung. Foto: (c) pichler, GSK
life-science:Sie haben die differenzierte Preispolitik angesprochen. Führt diese durch den online Handel nicht dazu, dass die Medikamente in den Billigländern eingekauft und in den hochpreisigen Ländern vertrieben werden?
Dr. R. Pichler: Der online Medikamentenhandel ist ein Thema, es gibt Maßnahmen sowie eine EU Richtlinie zum Unterbinden des Eindringens von gefälschten Arzneimitteln in den Regel Abgabeprozess – das ist die eine Seite. Die andere Seite ist – und hier spreche ich von den Originalen - sicherzustellen, dass jene Präparate, die in die günstigeren Länder kommen, auch in diesen bleiben und nicht von tradern aufgekauft und zB via Internet in höherpreisigen Ländern vertrieben werden.
life-science:Die Preispolitik ist auch hierzulande ein vieldiskutiertes Thema. Woran liegt es?
Dr. R. Pichler: Die Pharmaindustrie ist mit Besonderheiten konfrontiert wie zum Beispiel: derjenige, der zahlt, ist jemand anderer als der, der verschreibt, und ist wieder jemand anderer als derjenige, der das Medikament konsumiert. Bezahlt wird es von der Sozialversicherung, der Arzt verschreibt und der Patient konsumiert es.
Zusätzlich entscheidet sich der Patient nicht wie bei einem neuen Smartphone freiwillig, ob er etwas will oder nicht, sondern er handelt aus einer gesundheitlichen Notsituation heraus. Ein weiteres entscheidendes Merkmal: es geht immer um öffentliche Mittel. Diese Punkte bringen in Bezug auf die Preisgestaltung andere Anforderungen als an andere Industrien, mit sich. In Österreich haben wir mit der Obergrenze eines EU-Durchschnittspreises ein sehr restriktives Preisregulierungssystem. Wir orientieren uns nicht an makroökonomisch vergleichbaren Ländern sondern am gesamten EU-Basket inkl. Rumänien, Bulgarien, Griechenland.
life-science:Dennoch schreiben Pharmaunternehmen stolze Umsatzzahlen.
Dr. R. Pichler: Es gibt aber auch keine andere Industrie, die eine derart hohe R&D Quote - ca. 20 % vom Umsatz - aufweist. Ich freue mich, wenn es hohe Umsätze gibt, denn das bedeutet nichts anderes, als dass wieder mehr in Forschung und Entwicklung investiert werden kann. Die Pharmaindustrie ist weit vor Softwareindustrie, Telekom oder anderen Industrien, bei denen man einen höheren Zug zu Innovation vermuten würde. Eine stabile Wirtschaftlichkeit in der Industrie ist die beste Voraussetzung, dass Antworten auf die anstehenden medizinischen Herausforderungen gefunden werden.
life-science:Sie sagen, es wird viel geforscht. Warum kommt dennoch so wenig Innovation am Markt an?
Dr. R. Pichler: Es ist sicher schwieriger geworden, große Durchbruchinnovationen zu entwickeln. Die Auflagen, die für Zulassung und einen market access zu erfüllen sind, werden ständig mehr und höher. Jetzt beginnt meiner Einschätzung nach wieder eine Phase, in der wir wieder vermehrt innovative Präparate in den Markt kommen sehen. Ich sage nur zwei Beispiele Onkologie und Hepatitis C. In der Vergangenheit waren die Innovationen auf breite Patientenpopulationen ausgerichtet, Diabetes, Rheuma, Asthma, etc. Heute sind wir in eher kleinen Patientenpopulationen unterwegs und manchmal sogar in Nischen. Was aber A) nichts an der Werthaltigkeit für den Patienten und B) für die Volkswirtschaft ändert.
life-science:Gibt es in der Forschung Schnittstellen zu Universitäten oder anderen forschenden Unternehmen?
Dr. R. Pichler: Die Pharmaindustrie hat erkannt, dass es nicht immer sinnvoll ist, R&D nur in der eigenen Welt zu praktizieren. Daher gehen große Unternehmen wie auch GSK immer mehr in Richtung Partnerschaften. Wir finden gerade in Österreich mit dem Biotech Cluster eine sehr gute Struktur vor. Kleine fokussierte Unternehmen arbeiten sehr spezialisiert, sehr konzentriert an ein, zwei, drei Assets. Wir als Pharmaindustrie kommen dann ins Boot, wenn es darum geht, den nächsten Wachstumsschritt - sei es mit Finanzierung oder Know-how – in Angriff zu nehmen; oder damit am Ende der Entwicklung die Vermarktung mit der gesamten Kraft eines großen Unternehmens realisiert wird.
life-science:Kann man sagen, dass die jungen Biotech Unternehmen wesentlich sind zum Bestücken der Innovationspipelines.
Dr. R. Pichler: Sie sind eine absolut notwendige und richtige Ergänzung zu den eigenen R&D Aktivitäten. Auch aus dem unternehmerischen Kontext betrachtet, ist es eine Risikostratifizierung, denn es gibt kaum eine Branche mit einem höheren Produktentwicklungsrisiko als die pharmazeutische Forschung. Und je mehr ich eine Stratifikation auf viele verschiedene Forschungsprojekte habe, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass am Ende des Tages etwas werthaltiges im Sinne eines Produktes heraus kommt, das für den Patienten und die Volkswirtschaft einen Wert generiert.
life-science:Wir sind jetzt mit der Frage zu CSR gestartet und sind nun beim Biotech Cluster gelandet. Zeigt, wie komplex alles verflochten ist. Noch eine abschließende Frage zu CSR. Zeigt praktizierte CSR in einem Unternehmen auch Wechselwirkungen auf die Mitarbeiter?
Dr. R. Pichler: „Ja“, hier bei GSK war diese Entwicklung sehr spannend. Wir bekamen von den Mitarbeitern die Rückmeldung, dass sie durch den Prozess, den wir hier im Unternehmen angestoßen haben, auch in ihrem privaten Umfeld begonnen haben, Verhaltensweisen zu hinterfragen. Sei es im Einkaufsverhalten, Verkehr oder Energieverbrauch. Das geht weit über das hinaus, was man sich von derartigen Aktivitäten erwarten darf. Wichtig ist, die Zusammenhänge einfach mal mit Daten und Fakten zu hinterlegen und sichtbar zu machen. Egal ob es um die Energiebilanz geht oder um den Umgang mit der Ressource Wasser.
Das Angebot, sich im Rahmen des Orange Day – jeder Mitarbeiter hat pro Jahr 1 Tag zur Verfügung, an dem er für ein Projekt freigestellt wird - an CSR Aktivitäten zu beteiligen, reichte vom Kochen für Obdachlose in der Gruft, über Müllsammelaktionen, iPad Verwertungsaktion bis zum Einsatz in einem Alters- oder Pflegeheim.
Ein weiterer, nicht geplanter positiver Nebeneffekt, der bei Aktivitäten wie z.B gemeinsam Kochen für die Gruft, eingetreten ist, war Teambuilding. Wir hatten die Teilnehmer am Abend gebeten, uns Impressionen zu schicken. Da hatte man den Teamgeist und die Freude daran gespürt, gemeinsam etwas Gutes zu machen.
Vielen Dank für das Gespräch
Gisela Zechner
Dr. Ronald Pichler ist Corporate Affairs Director bei GSK, Glaxo Smith Kline und Generalsekretär von FOPI, Forum der forschenden pharmazeutischen Industrie in Österreich. Davor war der ausgebildete Jurist viele Jahre in der Mineralölindustrie sowie bei der Österreichischen Post AG tätig.


