Wie Laserstrahlen das Unsichtbares sichtbar machen

Monday, 25 January 2021 00:08

Wie Laserstrahlen das Unsichtbares sichtbar machenDie Universität Utrecht und TU Wien eröffnen neue Möglichkeiten durch die Anwendung spezieller Lichtwellen. Mit Laserstrahlen kann man präzise messen, wo sich ein Objekt befindet, oder ob es seine Position verändert.

Die Forscher*innen gingen der Frage nach, wie man Objekte vermisst, die man unter gewöhnlichen Umständen gar nicht sehen kann. Normalerweise braucht man für die Bestimmung der Position eines Objektes jedoch freie, ungetrübte Sicht, was nicht immer der Fall ist. So möchte man etwa in der Biomedizin oft Strukturen untersuchen, die in eine unregelmäßige, komplizierte Umgebung eingebettet sind. Dort wird der Laserstrahl dann abgelenkt, gestreut und gebrochen, wodurch oft kein sinnvolles Messergebnis mehr möglich ist.
Der neue Ansatz beruht auf der Möglichkeit, den Laserstrahl gezielt so zu verändern, dass er in der komplexen, ungeordneten Umgebung trotzdem genau die gewünschte Information liefert.

Optimale Information über das Unsichtbare

Wie Laserstrahlen das Unsichtbares sichtbar machen

Die Universität Utrecht und die TU Wien konnten gemeinsam zeigen, dass sich aus dieser Not eine Tugend machen lässt.

Anstatt einen gewöhnlichen Laserstrahl zu verwenden, um die Position eines versteckten Objekts in einer ungeordneten Umgebung zu bestimmen, funktioniert das optimale Verfahren, indem der eintreffende Laserstrahl mit einem Wellenmuster versehen wird, das die maximale Information über das Objekt erfasst und eine präzise Abschätzung seiner Position ermöglicht. Solch eine Messung ist physikalisch optimal: Mehr Präzision lässt die Natur bei kohärentem Laserlicht gar nicht zu.

Das Vakuum und das Badezimmerfenster

„Man möchte immer die optimale Messgenauigkeit erreichen – das liegt im Wesen aller Naturwissenschaften. (…) Denken wir zum Beispiel an die riesengroße LIGO-Anlage, mit der man Gravitationswellen nachweisen kann: Dort sendet man Laserstrahlen auf einen Spiegel um Variationen im Abstand zwischen Laser und Spiegel mit extremer Präzision zu messen.“ – Stefan Rotter (Institut für Theoretische Physik der TU Wien)

Das gelingt allerdings nur deshalb so gut, weil sich dort der Laserstrahl durch ein Ultrahochvakuum ausbreitet. Jede noch so kleine Störung soll vermieden werden. Doch was kann man tun, wenn man es mit Störungen zu tun hat, die sich nicht entfernen lassen?

Wie Laserstrahlen das Unsichtbares sichtbar machen„Stellen wir uns eine Glasscheibe vor, die nicht perfekt transparent, sondern rau und unpoliert ist wie ein Badezimmerfenster. (…) Sie lässt zwar Licht durch, aber nicht auf einer geraden Linie. Die Lichtwellen werden verändert und gestreut, daher können wir ein Objekt auf der anderen Seite der Glasscheibe mit freiem Auge nicht genau erkennen.“ – Allard Mosk (Universität Utrecht)

 

Ganz ähnlich ist die Situation, wenn man etwa winzige Objekte im Inneren von biologischem Gewebe untersuchen will: Die ungeordnete Umgebung stört den Lichtstrahl. Aus dem einfachen, regelmäßig-geraden Laserstrahl wird dann ein unübersichtliches Wellenmuster, das in alle Richtungen abgelenkt wird.

Die optimale Welle

Wenn man allerdings genau weiß, was die störende Umgebung mit dem Lichtstrahl macht, kann man die Situation umkehren: Dann nämlich ist es möglich, statt des einfachen, geraden Laserstrahls ein kompliziertes Wellenmuster zu erzeugen, das durch die Störungen genau die gewünschte Form erhält und genau dort auftrifft, wo es das beste Resultat liefern kann.

„Um das zu erreichen, muss man die Störungen nicht einmal genau kennen. (…) Es genügt, zuerst passende Wellen durch das System zu schicken um damit zu untersuchen, wie sie durch das System verändert werden.“ – Dorian Bouchet (Erstautor der Studie)

AnsDie beteiligten Wissenschafter*innen entwickelten ein mathematisches Verfahren, mit dem man aus diesen Testdaten die optimale Welle berechnen kann. Wenn man etwa weiß, dass sich hinter einer trüben Milchglasscheibe ein Objekt verbirgt, gibt es eine optimale Lichtwelle, mit der man das Maximum an Information darüber erhalten kann, ob sich das Objekt ein bisschen nach rechts oder ein bisschen nach links bewegt hat. Diese Welle sieht kompliziert und ungeordnet aus, wird dann aber von der Milchglasscheibe exakt so verändert, dass sie beim Objekt genau auf die gewünschte Weise ankommt und das größtmögliche Maß an Information zum experimentellen Messapparat zurückliefert.

Laser-Experimente in Utrecht

Dass die Methode tatsächlich funktioniert, wurde an der Universität Utrecht experimentell bestätigt: Man lenkte Laserstrahlen durch ein ungeordnetes Medium – in Form einer trübe Platte. Das Streuverhalten des Mediums wurde dadurch charakterisiert, dann wurden die optimalen Wellen berechnet, um ein Objekt jenseits der Platte zu analysieren – und das gelang, mit einer Präzision im Nanometer-Bereich.

„Wir sehen, dass die Präzision unserer Methode nur durch das sogenannte Quantenrauschen limitiert wird. (…) Dieses Rauschen ergibt sich aus der Tatsache, dass Licht aus Photonen besteht – daran kann man nichts ändern. Doch im Rahmen dessen, was uns die Quantenphysik für einen kohärenten Laserstrahl erlaubt, können wir tatsächlich die optimalen Wellen berechnen um unterschiedliche Dinge zu messen: Nicht nur die Position, sondern auch die Bewegung oder die Drehrichtung von Objekten.“ – Allard Mosk (Universität Utrecht)

 

Originalpublikation:
D. Bouchet, S. Rotter, A.P. Mosk; Maximum information states for coherent scattering measurements, Nature Physics (2021). https://www.nature.com/articles/s41567-020-01137-4

Kontakt:
Prof. Stefan Rotter
Institut für Theoretische Physik
Technische Universität Wien
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(LB)
Quelle: Technische Universität Wien
Fotos: © Stefan Rotter_TU Wien.at
© Daniel Mccullough_unsplash.com

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