Keine Kontrolle von Forschungsinhalten

Friday, 01 June 2012 00:00

ÖGMBT-Vorstand Nikolaus Zacherl im Interview

Was kritisiert die ÖGMBT am Entwurf zum Tierversuchsänderungsgesetz? 

Unsere Kritik betrifft zweierlei: Einerseits das Vorgehen, andererseits den Inhalt. Zur Vorgehensweise: Da wurde einfach der Text der Richtlinie in Gesetzesform gegossen, ohne darauf zu achten, ob das der bisherigen österreichischen Terminologie entspricht. Warum hat man überhaupt ein neues Gesetz geschaffen und nicht nach einer detaillierten Prüfung des geltenden Tierversuchsgesetzes auf seine Richtlinienkonformität eine Novellierung des alten vorgenommen, wie es z.B. Deutschland macht? In diesem Fall hätte man z.B. die Dreigliederung der Genehmigungen – betreffend Versuchseinrichtung, Versuchsleiter und Versuch selbst – im Einklag mit der Richtlinie beibehalten können. Der vorliegende Entwurf bleibt hier unklar.

Was sind aus inhaltlicher Sicht Ihre Hauptkritikpunkte?

Es ist zu befürchten, dass der Schutz von Versuchstieren als Vorwand für die behördliche Kontrolle der österreichischen Forschung genommen wird. Es kann doch nicht sein, dass ganze Arbeitsprogramme von Forschungseinheiten genehmigungspflichtig sein sollen. Auch die Forderung nach Beiziehung „unabhängiger Sachverständiger“ im Genehmigungsverfahren ist abzulehnen. Angesichts der kleinen Anzahl von in Österreich mit dem Thema befassten Leuten wäre rasch bekannt, woran ein Institut oder eine Firma gerade wissenschaftlich arbeitet. Wir schlagen daher vor, hier nur öffentlich Bedienstete zuzulassen, die schon ex offo einer entsprechenden Verschwiegenheitspflicht unterliegen. Weiters hat es überhaupt keinen Sinn, Tierversuche, deren Durchführung gesetzlich vorgeschrieben oder Voraussetzung für Marktzulassungen sind, einem neuerlichen Genehmigungsverfahren zu unterwerfen, ohne die Möglichkeit eines vereinfachten Verfahrens auszuschöpfen, wie es sogar die Richtlinie vorsieht.

Sie haben aber auch Kritik an den Voraussetzungen geübt, die ein Tierversuchsleiter mitbringen muss?

Man muss sich fragen, worauf es hier ankommt: dass jemand eine bestimme Ausbildung absolviert hat oder dass er etwas kann. Wenn man daran denkt, dass Wissenschaftler aus der ganzen Welt an österreichische Institutionen geholt werden, die – wie im Fall eines Post-docs – befristete Verträge haben, wird man sie nicht anlocken, wenn sie hier bestimmte Prüfungen ablegen müssen, um als Versuchsleiter fungieren und somit mit ihrer wissenschaftlichen Forschung erst beginnen zu können.

Published in ChemieReport 06/2012