Spirale nach unten

on 25 February, 2020

Wissenschaftspolitik
ÖGMBT-Präsident Lukas A. Huber über den seiner Ansicht nach mangelnden Stellenwert der Grundlagenforschung und der universitären Forschung im Regierungsprogramm

CR: FWF­ Präsident Klement Tockner sagte sinngemäß, die Regierung habe gute Pläne. Deren Umsetzung müsse finanziert werden. Er sei aber zuversichtlich, dass das durch das geplante Forschungsfinanzierungs­ gesetz erfolgen wird.

LH: Bis jetzt habe ich nur gesehen, dass der FWF immer zu wenig Geld bekommt und dass jetzt im Vorfeld der neuen Regie-rungsbildung die Nationalbank aus diesem wichtigen strategischen Förderungsfeld abberufen wurde. Ich habe mich als Präsi-dent der ÖGMBT und als Vizepräsident des Verbandes der Wissenschaftlichen Gesell-schaften Österreichs (VWGÖ) an die Nati-onalbank und an die Regierung gewandt. Das Echo war null. Ich habe nicht einmal einen Brief zurückgekriegt.

CR: Wie viel Geld entgeht Ihnen durch den Rückzug der Nationalbank?

LH: Rund 15 Millionen Euro pro Jahr. Aber das war auch schon unterdotiert. Vielleicht braucht der FWF zusätzlich zum Budgetplan noch 80 oder 100 Millionen Euro, um über Jahre hinweg Netzwerkprogramme und Ähnliches ausreichend fördern zu können. Man spricht immer von Exzellenz-programmen. Aber ohne breit angelegte Basisfinanzierung für die Grundlagen-forschung ist das ein Potemkinsches Dorf. Irgendwann einmal kracht das zusammen.
Der FWF braucht ausreichend Geld, um vernünftige Förderquoten bieten zu können. Derzeit sind die Förderungen ein Hasardspiel. Damit werden die jungen Forscher in ein existenzielles Problem getrieben. Weniger Geld heißt weniger Personal. Weniger Personal heißt weniger For-schungsergebnisse. Weniger Forschungs-ergebnisse wiederum senken die Chancen, einen Drittmittelantrag zu bekommen, um die Forschung finanzieren zu können. Das ist eine Spirale, die sich nach unten dreht.

Published in ChemieReport 01/2020