Nanotechnologie im Spinnennetz

Monday, 19 June 2017 17:27
Beute im Netz 150px

Die meisten Spinnfäden fangen Beute mit Klebstofftröpfchen ein. In heißen, regenarmen Gebieten würden diese aber rasch eintrocknen. Hier greifen Spinnen zu anderen Methoden. Für Fliegen macht das keinen Unterschied, für WissenschafterInnen der Johannes Kepler Universität Linz und der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen hingegen schon. Foto: (c) Hana Adamova

Netze mit Nanofasern-Wolle
Cribellate Spinnen nennen sich jene Arten, die ohne Tropfen im Netz auskommen. Sie zählen zu den ältesten Arten und zeigen erstaunliche Fähigkeiten. Ihnen galt die Aufmerksamkeit der ForscherInnen aus Deutschland und Linz (Institut für Medizin- und Biomechatronik; Vorstand: Univ.-Prof. Werner Baumgartner). Die untersuchten Spinnen bilden Netze mit einer Art Nanofasern-Wolle. Die einzelnen Fasern sind 100-mal dünner als normale Spinnennetz-Fäden. Zudem sind sie vollkommen trocken. Dennoch können Insekten sich nicht mehr davon lösen.

„Bisher dachte man, dass sich die Beute einfach in den Nanofasern verheddert oder über van der Waals-Kräfte (einer schwachen Wechselwirkung zwischen Atomen und Molekülen) hängen bleibt“, so Baumgartner. Diese Theorie wurde nun aber widerlegt. „Tatsächlich wirken die Nanofasern des Netzes als eine Art Docht und die Wachse, die auf der Oberfläche von Insekten vorkommen, werden davon aufgesaugt“, erklärt der JKU-Mechatroniker.

Eigener Körper wird zur Falle
Den Beutetieren werden also eigene Körpersekrete zum Verhängnis. „Erst das Zusammenwirken von Nanofasern und Insektenwachs verwandelt den Docht durch Kapillarwirkung in Klebstoff“, erläutert Baumgartner.

Körperentwachsung für Insekten
Nachgewiesen wurde der Effekt an der Abteilung Entwicklungsbiologie und Morphologie der Tiere (Leiter Univ.-Prof. Peter Bräunig) der RWTH Aachen von Dr. Anna-Christin Joel und ihren MitarbeiterInnen. Insekten wurden chemisch die Körper entwachst. Der Effekt: Die Nanofasern hafteten achtmal schwächer als bei Insekten mit Wachs.

Evolution und technische Anwendung
Die Ergebnisse der Untersuchungen könnten die Sichtweise auf die evolutionäre Entwicklung des Beutefangverhaltens von Spinnen grundlegend verändern. Außerdem dienen sie möglicherweise als Inspiration für technische Anwendungen. Wenn man hoch viskose Öle und Wachse „aufsaugen“ könnte, wären manche technische und ökologische Probleme leichter lösbar.

Quelle: Johannes Kepler Universität Linz 

Kontakt:
Univ.-Prof. DI Dr. Werner Baumgartner
Institut für Medizin- und Biomechatronik
Tel.: 0732 2468 4800
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
 

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